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Auch im Jahr 2022 gab es wieder wichtige arbeitsrechtliche Entscheidungen. Einige von diesen Urteilen und Beschlüssen haben wir bereits in unserem Blog im Detail vorgestellt. Nachstehend finden Sie nochmals einen Überblick und jeweils eine Kurzzusammenfassung der wichtigsten Entscheidungen aus dem Jahr 2022.

1. SOLL-ANGABEN EINER MASSENENTLASSUNGSANZEIGE (HIER: ALTER UND GESCHLECHT)

Mit Urteil vom 19.05.2022 (Az: 2 AZR 467/22) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass Arbeitgeber im Rahmen einer Massenentlassungsanzeige nicht dazu verpflichtet sind, auch das Alter und das Geschlecht der betroffenen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen anzugeben.

In diesem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall hatten die Vorinstanzen noch anders geurteilt. Sie hatten die Kündigung einer Arbeitnehmerin für unwirksam erklärt, weil in der Massenentlassungsanzeige weder Alter noch Geschlecht angegeben war. Das Bundesarbeitsgericht hat nunmehr mit dieser Entscheidung klargestellt, dass allein das Fehlen von Soll-Angaben in einer Massenentlassungsanzeige nicht zur Unwirksamkeit einer Kündigung führt.

2. VERSETZUNG INS AUSLAND

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 30.11.2022 (Az: 5 AZR 336/22) entschieden, dass Arbeitnehmer dauerhaft ins Ausland versetzt werden können, wenn im Arbeitsvertrag nicht etwas anderes vereinbart ist.

Ein Ryanair-Pilot, der von dem geschlossenen Standort Nürnberg nach Bologna versetzt wurde, hatte gegen diese Versetzung geklagt. Sein Klageziel war die Feststellung, dass die Versetzung nach Italien unwirksam sei. Dieses Ziel erreichte er nicht. Denn das Bundesarbeitsgericht hielt die Versetzung in diesem Einzelfall für wirksam. Das Weisungsrecht von Arbeitgebern in Bezug auf den Arbeitsort gelte nicht nur für Deutschland, sondern grundsätzlich für alle Standorte weltweit. Maßgeblich sei in diesen Fällen allein, ob im konkreten Einzelfall die Versetzung dem Arbeitnehmer/ der Arbeitnehmerin zumutbar sei.

3. AUFHEBUNGSVERTRAG UNTER DRUCK

In einem weiteren Urteil vom 24.02.2022 (Az: 6 AZR 333/21) sah das Bundesarbeitsgericht das Gebot des fairen Verhandelns nicht als verletzt an. Der Arbeitgeber hatte in dem Fall die Annahme eines Aufhebungsvertragsangebots durch eine Arbeitnehmerin von der Bedingung abhängig gemacht, dass diese das Angebot sofort annehme. Das Gebot des fairen Verhandelns sei auch nicht dadurch verletzt worden, dass der Arbeitnehmerin keine Bedenkzeit eingeräumt und ihr der erbetene Rechtsrat verweigert worden sei.

4. VERJÄHRUNG VON URLAUB

Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20.12.2022 (Az: 9 AZR 266/22) verjährt Urlaub nur dann, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin darauf hingewiesen haben, dass ein Urlaubsanspruch besteht und dieser bei Nichtinanspruchnahme verfällt. Sofern es an einem solchen Hinweis durch den Arbeitgeber fehle, könne dieser sich nicht auf die dreijährige Verjährungsfrist nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch berufen.

Diese Entscheidung war zwar erwartet worden, hat aber den Unternehmen nochmal deutlich gemacht, wie wichtig die korrekte Umsetzung der Aufklärungsobliegenheit ist. Andernfalls können massive Abgeltungsansprüche drohen (in diesem Fall 101 Urlaubstage).

5. ERFASSEN VON ARBEITSZEIT

Erhebliche Beachtung gefunden hat schließlich der Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13.09.2022 (Az: 1 ABR 22/21) zur Arbeitszeiterfassung. Darin hat das Bundesarbeitsgericht klargestellt, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, Lage, Beginn, Dauer und Ende der Arbeitszeit der Mitarbeitenden tatsächlich zu erfassen. Die bloße Bereitstellung eines Arbeitszeiterfassungssystems reiche nicht aus. In Bezug auf diese Entscheidung sind zahlreiche Punkte ungeklärt, wie z.B. Geltung auch für leitende Angestellte, Reichweite der Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Zeiterfassung, Umfang der Zulässigkeit von Vertrauensarbeitszeit. Zu diesen Fragen soll im nächsten Blogbeitrag Stellung genommen werden.

Fünf wichtige Entscheidungen im Arbeitsrecht aus 2022