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Bundesarbeitsgericht zur Urlaubsberechnung bei Überschneidung von Krankheit und Kurzarbeit

Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 05.12.2023 (Az. 9 AZR 364/22) zur Urlaubsberechnung bei Überschneidung von Krankheit und Kurzarbeit entschieden. Danach sind die ausgefallenen Arbeitstage bei der Berechnung des Urlaubsumfangs nicht Zeiten mit Arbeitspflicht gleichzustellen, wenn der Arbeitnehmer in einem Zeitraum erkrankt, für den – wirksam – Kurzarbeit „null“ eingeführt worden ist.

1. SACHVERHALT

Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung aus dem Jahr 2020. Der Kläger war vom 1. Mai 2018 bis zum 31. Januar 2021 Mitarbeiter  der Beklagten (einer Betriebsschlosserei). Vom 19. März 2020 war der Kläger durchgehend bis zum 31. Dezember 2020 arbeitsunfähig krank. Die Parteien vereinbarten am 23. März 2020 wegen der Corona-Pandemie, das Arbeitsverhältnis von Anfang April bis Ende Dezember 2020 in Kurzarbeit fortzusetzen. Infolgedessen betrug die wöchentliche Arbeitszeit 0 Stunden. Der Kläger forderte für das Jahr 2020 die Abgeltung von 15 Urlaubstagen. Seiner Ansicht nach seien die Zeiten seiner krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit bei der Berechnung des Urlaubs trotz Kurzarbeit wie solche mit tatsächlicher Arbeitsleistung zu behandeln.

Das Arbeitsgericht Neumünster wies die Klage ab. Das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein wies die Berufung des Klägers zurück. Die Revision des Klägers hatte vor dem Bundesarbeitsgericht ebenfalls keinen Erfolg.

2. ENTSCHEIDUNG

Nach Ansicht des Bundesarbeitsgericht habe der klagende Arbeitnehmer keinen Anspruch auf Abgeltung weiterer Urlaubstage, da sich aus der Einführung von Kurzarbeit eine neue Verteilung der Arbeitszeit ergebe, welche die vertragliche Arbeitspflicht des Arbeitnehmers bestimme. Diese ziehe eine Neuberechnung der gesetzlichen Urlaubstage i.S.d. § 3 BUrlGnach sich. 

An der durch die Kurzarbeit geänderten Verteilung der Arbeitszeit ändere sich auch nichts, wenn der Arbeitnehmer in einem Zeitraum, für den Kurzarbeit eingeführt worden sei, erkranke. Die für die Berechnung der Urlaubsdauer maßgebliche arbeitsvertragliche Grundlage bleibe durch die Erkrankung unberührt. Dies lasse sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ableiten.

Dem Bundesarbeitsgericht zufolge sei eine andere Beurteilung auch nicht veranlasst, wenn die Arbeitsunfähigkeit bereits vor Einführung der Kurzarbeit vorliege. Ein erkrankter Arbeitnehmer sei nicht per se von den arbeitsrechtlichen Folgen der Kurzarbeit ausgenommen. Erhalte ein Arbeitnehmer statt Kurzarbeitergeld aufgrund einer vor Beginn der beabsichtigten Kurzarbeit bereits eingetretenen Erkrankung Krankengeld gleicher Höhe, stehe dies der wirksamen Vereinbarung von Kurzarbeit selbst dann nicht entgegen, wenn diese „unter dem Vorbehalt“ geschlossen wurde, „dass Kurzarbeitergeld gem. §§ 95 ff. SGB Ill von der Agentur für Arbeit bewilligt wird“. Die Norm regele lediglich die sozialversicherungsrechtliche Zuständigkeitsverteilung zwischen Arbeitslosen- und Krankenversicherung.

3. FAZIT 

Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts ist wegweisend und betrifft sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber, die mit Kurzarbeit „null“ konfrontiert sind. Arbeitnehmer haben keinen Anspruch darauf, die ausgefallenen Arbeitstage als Arbeitszeit für die Urlaubsabgeltung geltend zu machen, wenn sie während der Kurzarbeit „null“ erkranken. Zu betonen ist an dieser Stelle, dass sich die Entscheidung konkret auf Kurzarbeit „null“ bezieht und keine anderen Kurzarbeitsmodelle umfasst. 

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