Sie haben eine Kündigung von Ihrem Arbeitgeber erhalten und befinden sich vielleicht sogar bereits mit einer Kündigungsschutzklage vor dem zuständigen Arbeitsgericht? Viele betroffene Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer fragen sich dann sehr schnell, ob und in welcher Höhe sie einen Anspruch auf eine Abfindung haben. Doch was verbirgt sich dahinter genau? Wann und in welcher Höhe wird sie gezahlt und besteht überhaupt ein Anspruch darauf?

Der nachfolgende Beitrag erklärt die wesentlichen Grundlagen rund um das Thema Abfindung. Im Zweifel kann sich hier aber sehr schnell der Gang zu einem Fachanwalt für Arbeitsrecht lohnen.

1. WAS IST EINE ABFINDUNG?

Eine Abfindung ist eine einmalige Zahlung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Sie stellt eine Art Entschädigung für den Arbeitnehmer dar, da dieser seinen Arbeitsplatz verliert und deshalb keinen weiteren Lohn bezieht.

2. WANN MUSS DER ARBEITGEBER EINE ABFINDUNG ZAHLEN?

Grundsätzlich gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung. In bestimmten Fällen steht gekündigten Arbeitnehmern aber trotzdem eine Abfindung zu, zum Beispiel:

– Der Arbeits- oder Tarifvertrag sieht eine Abfindung vor

– Es ist eine Sozialplan-Abfindung vorgesehen

– Es wurde eine betriebsbedingte Kündigung ausgesprochen

– Der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin kündigt wegen vertragswidrigen Verhaltens des Arbeitgebers

– Vertragliche Vereinbarung, auf die sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber freiwillig bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses geeinigt haben (z. B. Aufhebungsvertrag).

3. ERHALTE ICH EINE ABFINDUNG BEI BETRIEBSBEDINGTER KÜNDIGUNG?

Kündigt der Arbeitgeber aus betriebsbedingten Gründen, hat der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin unter folgenden Voraussetzungen Anspruch auf eine Abfindung (§ 1a KschG):

a. Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG)

Das Arbeitsverhältnis muss bereits seit sechs Monaten bestehen und der Betrieb muss mehr als zehn Mitarbeiter haben, die in Vollzeit arbeiten (§ 23 Abs. 1 KSchG). Bei kleineren Unternehmen gibt es deshalb diese Variante der Abfindung nicht.

b. Betriebsbedingte Kündigung

Die Kündigung muss einen betrieblichen Grund haben. Es kann sich dabei um eine wirtschaftliche Schieflage, um eine notwendige Umstrukturierung oder andere betriebliche Ursachen handeln.

Kündigt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer wegen dessen Verhalten, zum Beispiel wegen einer groben Beleidigung seines Chefs, gibt es keine gesetzlich vorgesehene Abfindung.

c. Angebot von Geld gegen Klageverzicht

Im Kündigungsschreiben kann der Arbeitgeber anbieten, eine Abfindung zu zahlen, falls der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht einreicht, (§ 1a KSchG).

Möchte der Arbeitnehmer die angebotene Abfindung annehmen, darf er in diesem Fall keine Kündigungsschutzklage einreichen.

4. ERHALTE ICH EINE ABFINDUNG IM KÜNDIGUNGSSCHUTZPROZESS?

Für Arbeitgeber besteht bei einer Kündigung (unabhängig aus welchem Grund gekündigt wurde) das Risiko, dass der Arbeitnehmer sie nicht akzeptiert und dagegen klagt. Das Arbeitsgericht prüft dann, ob der Arbeitgeber überhaupt kündigen durfte. Sollte das Gericht die Kündigung für unwirksam erklären, wird das Arbeitsverhältnis nicht beendet und der Arbeitnehmer kann an seinen Arbeitsplatz zurückkehren. In diesem Fall kommt es natürlich nicht zur Zahlung einer Abfindung.

Eine Kündigungsschutzklage ist also keine Garantie für den Anspruch auf eine Abfindungszahlung.

Verliert der Arbeitgeber den Prozess, ist das finanzielle für den Arbeitgeber Risiko groß, vor allem wenn sich das Verfahren vor dem Arbeitsgericht hinzieht. Denn der Arbeitgeber muss dann den Lohn nachzahlen, obwohl der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin seit Ende der Kündigungsfrist bis zur Entscheidung des Arbeitsgerichts nicht gearbeitet hat.

Um das Risiko einer Niederlage vor Gericht und damit verbundener hoher Kosten zu reduzieren, bieten Arbeitgeber im gerichtlichen Verfahren eine Abfindung an. Ein solcher Vergleich schafft für den Arbeitgeber Rechts- und Planungssicherheit.

5. ERHALTE ICH EINE ABFINDUNG BEI EINEM AUFHEBUNGSVERTRAG?

Manche Arbeitgeber möchten das Risiko einer Klage ausschließen, indem sie, statt eine Kündigung auszusprechen, mit dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin einen Aufhebungsvertrag schließen. Neben unterschiedlichen anderen Regelungen wird darin die Höhe der Abfindungszahlung gekoppelt an den Klageverzicht geregelt. Einigen sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber auf einen Aufhebungsvertrag, kann das Arbeitsamt jedoch drei Monate lang das Arbeitslosengeld sperren. Ein Aufhebungsvertrag sollte nicht ohne vorherige Beratung durch einen Rechtsanwalt mit Spezialisierung auf das Arbeitsrecht unterschrieben werden.

6. WIE HOCH IST MEINE ABFINDUNG?

Grundsätzlich ist die Höhe der Abfindung reine Verhandlungssache. Es gibt dafür keine gesetzlichen Vorgaben – allerdings gewisse Berechnungshilfen/-maßstäbe, die sich etabliert haben. Üblich ist die Zahlung eines halben bis ganzen Brutto-Monatsgehalts pro Beschäftigungsjahr. Wie viel man letztendlich erhält, ist aber immer vom Einzelfall abhängig. Ganz wesentlich sind dabei die Prozesschancen: Ist die Kündigung mit weit überwiegender Wahrscheinlichkeit unwirksam, wird die Abfindung in der Regel höher liegen. Umgekehrt ist die Abfindung in der Regel niedrig, wenn der Arbeitgeber sehr große Chancen hat, mit der Kündigung vor Gericht zu obsiegen.

Die Basis der Berechnung ist der Verdienst im letzten Arbeitsmonat. Regelmäßige Zulagen wie Boni, Urlaubsgeld oder der Dienstwagen fließen in die Berechnung ein. Bei der Berechnung der Abfindungshöhe sind auch folgende Aspekte zu berücksichtigen: Beschäftigungsdauer, Branche, Verhandlungsgeschick des Arbeitnehmers bzw. des Rechtsanwalts, Position des Arbeitnehmers im Unternehmen (wie leicht ist es, die Stelle nachzubesetzen?), mögliches Fehlverhalten des Arbeitnehmers, Chancen des Arbeitnehmers, wieder einen Job zu finden, Rahmenbedingungen des neuen Arbeitsplatzes, etc.

7. SONDERFALL: AUFLÖSUNGSANTRAG

Stellt ein Gericht fest, dass die Kündigung nicht zulässig und eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist, muss das Gericht laut § 9 KSchG auf Antrag des Arbeitnehmers (sog. Auflösungsantrag) das Arbeitsverhältnis auflösen und den Arbeitgeber zur Zahlung einer angemessenen Abfindung verurteilen.

Für die Höhe der Abfindung ist laut § 10 KSchG das Alter des Arbeitnehmers und die Dauer dessen Betriebszugehörigkeit ausschlaggebend:

Ab 50 Jahren & mindestens 15 Jahre Betriebszugehörigkeit: bis zu 15 Monatsgehälter

Ab 55 Jahren & mindestens 20 Jahre Betriebszugehörigkeit: bis zu 18 Monatsgehälter

8. MUSS EINE ABFINDUNG VERSTEUERT WERDEN?

Ja, Abfindungen werden von den Finanzämtern als übliche Lohnzahlung behandelt und versteuert. Arbeitnehmer können jedoch die Fünftelregelung nutzen und dadurch die Steuerlast senken. Einzelheiten sollten aber stets mit einem Steuerberater vor Abschluss einer Vereinbarung geklärt werden.

9. HAT EINE ABFINDUNG BEI KÜNDIGUNG FOLGEN FÜR DAS ARBEITSLOSENGELD?

Arbeitnehmer haben trotz Abfindung den vollen Anspruch auf Arbeitslosengeld (ALG I). Die Abfindung wird grundsätzlich nicht auf die Sozialleistung angerechnet. Einzige Ausnahme: Der Arbeitnehmer scheidet vorzeitig aus. Das ist dann der Fall, wenn bei der Beendigung die maßgebliche ordentliche Kündigungsfrist nicht eingehalten wurde. Dann ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.

10. WELCHE SOZIALABGABEN FALLEN AN?

Abfindungen sind beitragsfrei, wenn sie bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses als Entschädigung dafür gelten, dass der Arbeitnehmer in Zukunft keinen Verdienst mehr hat, weil er seinen Arbeitsplatz verloren hat. Der Arbeitnehmer muss demnach keine Beiträge zur Renten-, Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung zahlen.

Habe ich Anspruch auf eine Abfindung? Fragen und Antworten rund um das Thema Abfindung.