Das Bundesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 13.12.2023 (Az. 4 AZR 322/22) zum begrenzten Vertrauensschutz bei korrigierender Rückgruppierung in eine niedrigere Entgeltgruppe entschieden. Danach kann eine von der Arbeitgeberin aufgrund eines Höhergruppierungsantrags nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA vorgenommene Zuordnung der Tätigkeit zu einem neuen Tätigkeitsmerkmal der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA nach den Grundsätzen zur korrigierenden Rückgruppierung berichtigt werden.
1. SACHVERHALT
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin. Seit 2016 ist die Klägerin als Ergotherapeutin in von der Beklagten betriebenen Kliniken der Neurologie und Akutgeriatrie beschäftigt. Zunächst erfolgte dies auf Grundlage eines befristeten Arbeitsvertrags von Januar 2016. Später erhielt die Klägerin einen unbefristeten Arbeitsvertrag, bei dem sie auf Antrag in die höhere Entgeltgruppe EG 9b TVöD/VKA eingestuft wurde. Die Beklagte nahm im Jahr danach eine korrigierende Rückgruppierung in die Entgeltgruppe 9a TVöD/VKA vor, womit die Klägerin nicht einverstanden war. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie sei weiterhin nach Entgeltgruppe 9b TVöD/VKA zu vergüten. Eine korrigierende Rückgruppierung sei der Beklagten aus Gründen des Vertrauensschutzes verwehrt.
Das Arbeitsgericht Dresden wies die Feststellungsklage ab. Auf die Berufung der Klägerin gab das Landesarbeitsgericht Sachsen der Klage statt. Die Revision vor dem Bundesarbeitsgericht führte zur Zurückverweisung der Sache an das LAG.
2. ENTSCHEIDUNG
Nach Ansicht des BAG verstoße die von der Beklagten vorgenommene korrigierende Rückgruppierung entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die auf einen Antrag der Klägerin nach § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA gestützte Höhergruppierung zu Beginn des Jahres 2018 begründe kein über einen „begrenzten Vertrauensschutz“ hinausgehendes gesteigertes Vertrauen, da die auf § 29b Abs. 1 TVÜ-VKA gestützte Zuordnung zur höheren Entgeltgruppe 9b TVöD/VKA nicht auf einer Überprüfung und anschließenden Korrektur einer nunmehr für rechtsfehlerhaft erachteten vormaligen Eingruppierung beruhe.
Dem BAG zufolge liege eine erstmalige Eingruppierungsentscheidung nach einem neuen Tätigkeitsmerkmal der Anlage 1 – Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA vor, von der kein erhöhtes Maß an Richtigkeitsgewähr ausgehe, welches einer korrigierenden Rückgruppierung nach den dargestellten Maßstäben entgegenstehe.
Die Klägerin konnte, entgegen der Auffassung des LAG, nicht davon ausgehen, die Beklagte habe bereits zuvor die Zuordnung ihrer Tätigkeit zur Entgeltgruppe 8 TVöD/VKA anhand der neuen Entgeltordnung überprüft und diese erst nach der Höhergruppierung in die Entgeltgruppe 9b TVöD/VKA aufgrund einer erst danach als fehlerhaft erkannten Bewertung korrigieren wollen.
Da das BAG auf Grundlage der bislang getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen könne, ob die Klägerin ab dem 1. Juli 2019 weiterhin eine Vergütung nach Entgeltgruppe 9b Stufe 3 TVöD/VKA beanspruchen könne, führe der Rechtsfehler zur Aufhebung der Berufungsentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
3. FAZIT
Durch die Entscheidung führt das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung konsequent fort. Es bestätigt die Möglichkeit einer korrigierenden Rückgruppierung und betont weiterhin, dass diese nur ausnahmsweise ausgeschlossen ist. Nach einer einmal erfolgten Korrektur ihrer Eingruppierung sollen Beschäftigte zwar darauf vertrauen können, dass es dann auch bei der erneuten Festsetzung bleibt. Dies kann aber nur in den Fällen gelten, in denen eine Eingruppierung korrigiert wurde, weil der Arbeit- oder Dienstgeber im Nachhinein Fehler bei der Eingruppierung erkannt hat. Die Korrektur einer Höhergruppierung, die auf Antrag eines Beschäftigten erfolgte, ist nach diesen Maßstäben keine wiederholte Rückgruppierung, sondern eine erstmalige Rückgruppierung.