Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hat mit Urteil vom 14.03.2023 (Az: 4 U 1377/22) entschieden, dass Urlaubslisten eines Unternehmens keine Geschäftsgeheimnisse darstellen. Zudem stünden einer juristischen Person keine datenschutzrechtlichen Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche wegen der Verwendung von Daten ihrer Mitarbeiter aus Personalakten nicht zu.
1. SACHVERHALT
Das klagende Unternehmen begehrte von der beklagten Gewerkschaft Unterlassung der Verwendung von Daten aus ihrer Lohnbuchhaltung sowie im Wege der Stufenklage Auskunft über den Besitz sowie Herausgabe von weiteren Unterlagen mit vertraulichen Informationen aus ihrem Unternehmen. Inhaltlich waren Informationen aus der Lohnbuchhaltung (inkl. Listen mit Krankheits- und Urlaubstagen) betroffen sowie E-Mails einer ehemaligen Mitarbeiterin der Klägerin. Diese Unterlagen hatte die Beklagte in einem anderen Verfahren vorgelegt.
Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen. Es könne dahinstehen, ob es sich bei den E-Mails um Geschäftsgeheimnisse handele. Denn jedenfalls habe sich die Beklagte auf beachtliche Belange berufen können und die E-Mails daher in dem Verfahren vorlegen dürfen. Ferner seien datenschutzrechtliche Vorschriften der DS-GVO (Datenschutzgrundverordnung) nicht verletzt. Die Vorlage von Daten in einem Gerichtsverfahren stelle keine Datenverarbeitung i.S.v. Art. 4 DS-GVO dar.
Das OLG bestätigte die Entscheidung des Landgerichts im Ergebnis.
2. ENTSCHEIDUNG
Nach Ansicht des OLG habe das Landgericht mögliche Ansprüche aus der Datenschutzgrundverordnung im Ergebnis zutreffend verneint. Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des Art. 4 Nr. 1 DS-GVO können juristische Personen wie die Klägerin sich nicht auf die in der DS-GVO enthaltenen Ansprüche berufen. Ferner könne sich die Klägerin nicht auf das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) stützen. Allein der Umstand, dass die Klägerin als nicht-öffentliche Stelle i.S.d. § 1 Abs. 1 S. 2, § 2 Abs. 4 BDSG verpflichtet sei, die von ihr erhobenen Daten von Arbeitnehmern zu schützen, führt aber nicht zu einem Anspruch der Klägerin gegen Dritte. Schließlich habe die Klägerin auch keinen Anspruch aus den §§ 823 Abs. 2, 1004 Abs. 1 S. 2 BGB i.V.m. den Vorschriften des BDSG. Aufgrund der unmittelbaren Rechtsverbindlichkeit der DS-GVO (Art. 288 Abs. 2 AEUV) und ihres Anwendungsvorranges kommt das nationale Recht nur noch dann zur Anwendung, wenn der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO eingeschränkt ist oder wenn der europäische Gesetzgeber den Mitgliedstaaten durch eine Öffnungsklausel die Befugnis zur eigenständigen Regelung übertragen hat. Schließlich habe die Klägerin auch keine Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Herausgabe aus den §§ 6, 7 und 8 GeschG in Bezug auf die Urlaubs- und Krankheitslisten. Denn die Informationen haben keinen wirtschaftlichen Wert i.S.d. § 2 Nr. 1a GeschG. Es sei nicht erkennbar, inwieweit diese Informationen bei Bekanntwerden der klagenden GmbH einen Schaden zufügen könnten.
3. FAZIT
Die Entscheidung ist in der Sache überzeugend. Auch wenn mit dieser Entscheidung in weiten Teilen bereits bekannte Grundsätze bestätigt werden, die sich bei einfacher Gesetzesauslegung ergeben, ist sie dennoch praxisrelevant. Insbesondere die Erwägungen des Gerichts zur Frage des Vorliegens eines Geschäftsgeheimnisses sind sehr aufschlussreich.