Das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg hat mit Beschluss vom 26.05.2023 (Az: 12 TaBV 1/23) zur Mitbestimmung bei der Vergütungskürzung des Betriebsratsvorsitzenden entschieden. Wenn der Arbeitgeber die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden kürzt, hat ein Betriebsratsgremium kein Mitbestimmungsrecht.

1. SACHVERHALT

Die Großkraftwerk Mannheim AG (GKM) unterhält in Mannheim einen Betrieb mit ca. 500 Arbeitnehmern und 60 Auszubildenden. Am Standort Mannheim existiert ein elfköpfiger Betriebsrat. Der Betriebsratsvorsitzende (langjähriger Beschäftigter der GKM) war seit dem Jahr 1994 Betriebsratsmitglied und ab dem Jahr 1998 aufgrund seiner Betriebsratstätigkeit von der Arbeitsleistung freigestellt.

Bis zur Freistellung war er als Schlosser tätig und wurde nach dem bei der GKM AG bestehenden Haustarifvertrag eingruppiert und vergütet. Im März 2002 übernahm er das Amt als Vorsitzender des Betriebsrats. Seit 2006 wurde er als außertariflicher Angestellter geführt und vergütet. Im März 2011 wurde ihm außerdem ein Dienstwagen mit privater Nutzungsmöglichkeit überlassen.

Die GKM AG kürzte im Juni 2022 die Vergütung des Betriebsratsvorsitzenden und entzog ihm den Dienstwagen. Nach Auffassung der GKM AG sei die Vergütung auf Grundlage der Vergütungsentwicklung derjenigen Arbeitnehmer zu ermitteln, die mit dem Betriebsratsvorsitzenden vor dessen Amtsantritt als Betriebsrat vergleichbar gewesen waren, also in den Haustarifvertrag eingruppiert waren.

Nach Ansicht des Betriebsrats hingegen stelle die Vergütungskürzung eine Umgruppierung im Sinne des BetrVG dar. Das Gremium leitete ein Beschlussverfahren ein, um die Arbeitgeberin zu verpflichten, die Zustimmung des Betriebsrats zur Umgruppierung des Betriebsratsvorsitzenden einzuholen.

Das Arbeitsgericht Mannheim hat den Antrag des Betriebsrats zurückgewiesen.

2. ENTSCHEIDUNG

Das Landesarbeitsgericht (LAG) hat die hiergegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Ob die Vergütungskürzung korrekt war, konnte offenbleiben, da das LAG nur entscheiden musste, ob der Betriebsrat bei dieser Kürzung ein Mitbestimmungsrecht hat.

Ein solches Mitbestimmungsrecht verneinte das LAG jedoch. Es liege „nur“ eine Rechtsanwendung gemäß § 37 Abs. 4 Satz 1 BetrVG vor. Dies stelle keine Eingruppierung bzw. Umgruppierung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar.

Aufgrund der Freistellung übe der Betriebsratsvorsitzende bereits keine Tätigkeiten aus, die in Anwendung einer einschlägigen kollektiven Vergütungsordnung im Sinne einer Eingruppierung bzw. Umgruppierung bewertet werden könnten. Die Ermittlung des Vergleichsentgelts und die hierauf erfolgte Vergütungskürzung beruhten vielmehr auf einer bloßen Durchschnittsberechnung der Vergütung passender Vergleichsarbeitnehmer.

Das LAG hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage nach einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.

3. FAZIT 

Die Entscheidung des LAG Baden-Württemberg deckt sich mit einer früheren Entscheidung des LAG Düsseldorf (Beschluss v. 19.3.2019 – 8 TaBV 70/18). Es bleibt spannend, ob das BAG sich der Ansicht des LAG anschließen wird- wobei die Rechtslage aus unserer Sicht hier eindeutig ist. Wichtig ist für die Betriebsparteien jedenfalls, dass sie bei Freistellungen genau festhalten, wer Teil der Vergleichsgruppe ist und diese auch bei Vergütungsänderungen definieren, um Streitigkeiten über (strafbare) Benachteiligung oder Begünstigung von freigestellten Betriebsräten zu vermeiden.

Vergütungskürzung des Betriebsratsvorsitzenden – Mitbestimmung