Die Bundesregierung hat sich jüngst darauf geeinigt, die Schriftform im Nachweisgesetz durch die Textform gem. § 126b BGB zu ersetzen. Die Änderung soll nachträglich noch in den bereits am 13. März 2024 beschlossenen Regierungsentwurf für das Vierte Gesetz zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger, der Wirtschaft sowie der Verwaltung von Bürokratie (Bürokratieentlastungsgesetz bzw. BEG IV) integriert werden.
Der Regierungsentwurf für das ergänzte BEG IV wird nun dem Bundesrat zur Stellungnahme zugeleitet und nach einer Gegenäußerung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag weitergeleitet und dort beraten.
1. Aktuelle Situation
Um zu bewerten, welche Auswirkungen diese Änderung hat, erscheint ein Blick auf die davon berührten arbeitsrechtlichen Schnittpunkte ratsam.
Auch nach bisheriger Gesetzeslage sind Arbeitsverträge an sich grundsätzlich formfrei. Davon zu unterscheiden ist das sich aus dem Nachweisgesetz ergebende Schriftformerfordernis für den Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses.
Die elektronische Form der Nachweiserteilung ist gem. § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG bisher ausdrücklich ausgeschlossen. Der Arbeitsvertrag kann zwar formfrei wirksam abgeschlossen werden. Der Nachweis nach § 2 Abs. 1 S. 3 NachwG muss dann aber getrennt vom Arbeitsvertrag, schriftlich vom Arbeitgeber unterschrieben dem Arbeitnehmer übergeben werden. Beides ist voneinander unabhängig. Der Arbeitsvertrag selbst ist auch bei fehlender schriftlicher Nachweiserteilung nicht unwirksam. In der derzeitigen Praxis händigen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern oft schriftliche Arbeitsverträge aus, sodass gem. § 2 Abs. 5 NachwG die separate schriftliche Nachweiserteilung der wesentlichen Vertragsbedingungen des Arbeitsverhältnisses entfällt.
Möchten Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag wirksam befristen, gestaltet sich die Lage jedoch anders. Die wirksame Befristung eines Arbeitsvertrags setzt voraus, dass die Befristungsabrede schriftlich geschlossen wird (§ 14 Abs. 4 TzBfG; gemeint ist der Austausch handschriftlicher Unterschriften beider Vertragsparteien auf einer Urkunde). Das Schriftformerfordernis erstreckt sich dabei sowohl auf den Abschluss sowie auch auf eine etwaige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags. Hiervon erfasst sind außerdem sog. Rentenaustrittsklauseln). Anders als nach § 623 BGB ist die elektrische Form nicht ausgeschlossen, doch setzt diese nach § 126a BGB i.V.m. Art. 26 eIDAS-VO die Verwendung der qualifizierten elektronischen Signatur beider Vertragsparteien voraus.
Auch bei der Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots bedarf es gem. § 74 Abs. 1 HGB der Schriftform. Ob dieses durch die elektronische Form ersetzt werden kann, ist umstritten. Bejaht man die Ersatzmöglichkeit wäre auch hier eine qualifizierte elektronischen Signatur beider Vertragsparteien notwendig.
2. Änderung durch das Bürokratieentlastungsgesetz
Künftig sollen Arbeitgeber die Bedingungen ihrer Arbeitsverträge nicht mehr in Papierform mit Unterschrift an neue Mitarbeiter aushändigen müssen. Ein entsprechender Passus soll in den Gesetzentwurf zur Bürokratieentlastung eingefügt werden. Ursprünglich war vorgesehen, dass die Schriftform durch elektronisch qualifizierte Signaturen (QES) gemäß § 126a BGB ersetzt werden kann. Dieser Entwurf soll nun angepasst werden. Die nun getroffene Vereinbarung sieht vor, dass statt der Schriftform (§ 126 BGB) für die Vertragsbedingungen künftig die Textform (§ 126b BGB) ausreicht. Während bei der Schriftform die entsprechende Urkunde vom Aussteller eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigtem Handzeichen unterzeichnet werden muss, reicht zur Wahrung der Textform eine lesbare, nicht unterschriebene Erklärung, auf einem dauerhaften Datenträger. Damit kann der Abschluss eines Arbeitsvertrags komplett per E-Mail ablaufen.
In einem Brief an die von der Neuregelung betroffenen Verbände schrieb Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP): „Konkret soll im Nachweisgesetz künftig der Nachweis der wesentlichen Vertragsbedingungen in Textform ermöglicht werden, sofern das Dokument für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zugänglich ist, gespeichert und ausgedruckt werden kann und der Arbeitgeber einen Übermittlungs- und Empfangsnachweis erhält.“ Nur wenn Arbeitnehmer dies verlangten, müsse der Arbeitgeber ihnen einen schriftlichen Nachweis zur Verfügung stellen.
Von diesen Änderungen sollen jedoch die im Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (§ 2a SchwarzArbG) genannten Wirtschaftsbereiche oder -zweige wie das Baugewerbe, die Gebäudereinigung und die Fleischindustrie ausgeschlossen sein.
Laut Buschmann sollen auch Arbeitnehmer-Überlassungsverträge (entgegen der bisher notwendigen Schriftform gem. § 12 Abs. 1 S. 1 AÜG) künftig per E-Mail geschlossen werden können.
Änderungen hinsichtlich der strengen Schriftformvorschriften bei Befristungen (§ 14 Abs. 4 TzBfG) oder nachvertraglichen Wettbewerbsverboten (§ 74 Abs. 1 HGB) ergeben sich aus der Einigung der Bundesregierung jedoch nicht, sodass diese weiterhin schriftlich vereinbart werden müssen.
3. FAZIT
Die sich durch das beschlossene Bürokratieentlastungsgesetz IV ergebenden Formerleichterungen für Arbeitsverträge gehen zwar in die richtige Richtung. Jedoch greifen sie in der aktuellen Form zu kurz. Dies führt zwar zu einer gewissen Entlastung für Arbeitgeber. Aufgrund der Unterschiede zwischen „normalen“ Arbeitsverträgen und solchen mit Befristungen oder nachvertraglichen Wettbewerbsverboten ergeben sich jedoch auch Fehlerquellen.