Das Bundesarbeitsgericht hat mit Beschluss vom 17.11.2021 (Az: 7 ABR 27/20) entschieden, dass der Arbeitgeber die Kosten für die Erstschulung eines Betriebsratsmitglieds auch dann zu tragen habe, wenn der Veranstalter den Teilnehmern zur Ausübung ihrer Aufgaben Arbeitsgesetze, einen Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz und ein Tablet mitgibt.
1. DER SACHVERHALT
Ein erstmals gewähltes Betriebsratsmitglied nahm an einer Grundlagenschulung teil, um seine Aufgaben als Betriebsrat erfüllen zu können. Der Veranstalter (keine Gewerkschaft) bot hierzu eine fünftägige Veranstaltung mit Vollverpflegung an. Zudem erhielten alle Teilnehmer ein so genanntes „Starter-Set“. Dieses beinhaltete unter anderem Arbeitsgesetze, einen Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz sowie ein Tablet. Die Schulung kostete rund 700 EUR netto. Der Arbeitgeber weigerte sich die Kosten hierfür zu tragen. Sowohl das Arbeitsgericht Darmstadt als auch das Hessische Landesarbeitsgericht verurteilten das Unternehmen dazu, das Betriebsratsmitglied für die Schulung freizustellen und die Kosten zu übernehmen. Die Rechtsbeschwerde beim Bundesarbeitsgericht blieb erfolglos.
2. ENTSCHEIDUNG
Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts hat das betroffene Betriebsratsmitglied nach §§ 40 Abs. 1, 37 Abs. 6 BetrVG einen Anspruch auf Freistellung sowie Übernahme der Kosten gegen den Arbeitgeber. Ein neu gewähltes Betriebsratsmitglied habe einen Anspruch auf eine Grundlagenschulung im Arbeitsrecht. Eine solche sei erforderlich. Die Kosten müssten aber angemessen sein. Denn schließlich trage diese der Arbeitgeber. Nur dann entsprächen sie dem Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts hat der Arbeitgeber nicht dargetan, dass es eine qualitativ gleichwertige und dennoch günstigere Schulung gebe. Insoweit spielt auch die Zugabe von Büchern und Tablets keine Rolle. Der Maßstab bleibt die Angemessenheit.
3. FAZIT UND HANDLUNGSEMPFEHLUNGEN
Im Hinblick auf Betriebsratsschulungen gibt es zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat häufig Streit. In der Sache entspricht die Entscheidung der bisherigen Linie der Rechtsprechung. Es bleibt auch bei der Beigabe von „Sachmitteln“ wie z.B. einem Tablet beim Angemessenheitsmaßstab. Ist der Arbeitgeber der Meinung, dass eine Betriebsratsschulung zu teuer ist, dann muss er darlegen, dass es eine qualitativ gleichwertige Schulung günstiger gibt. In der Praxis bereitet das erfahrungsgemäß große Schwierigkeiten. Das liegt auch daran, dass das Schulungsangebot nicht so einfach „ergoogelt“ werden kann. Gleichwohl kann sich im Einzelfall eine kurze Recherche im Internet lohnen.
In Bezug auf Betriebsratsschulungen ist es zudem wichtig genau nach der jeweiligen Anspruchsgrundlage zu differenzieren. Handelt es sich um eine Schulung nach § 37 Abs. 7 BetrVG oder um eine solche nach § 37 Abs. 6 BetrVG? Da die Anspruchsvoraussetzungen und der Anspruchsinhalt jeweils unterschiedlich sind, muss die Verteidigungsstrategie des Arbeitgebers hier jeweils entsprechend aussehen.
Das Thema Betriebsratsschulungen und Kostentragung durch den Arbeitgeber behandeln wir auch in dem Seminar „Erfolgreicher Umgang mit dem Betriebsrat“ beim FORUM Institut.