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Landesarbeitsgericht zur verhaltensbedingten Kündigung wegen nicht ordnungsgemäß verwahrter Unterlagen

Das Sächsische Landesarbeitsgericht hat mit Urteil vom 17.04.2022 (Aktenzeichen: 9 Sa 250/21) entschieden, dass ein Verstoß gegen eine Arbeitsanweisung, die datenschutzrechtlichen Inhalt hat, eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen kann.

1. SACHVERHALT

Die klagende Arbeitnehmerin war seit circa sechs Jahren bei dem beklagten Unternehmen als Kreditsachbearbeiterin – zuletzt in Teilzeit mit einer Wochenstundenzahl von 30 Stunden – tätig. Sie verdiente circa 3.500 EUR brutto pro Monat. Bei dem beklagten Arbeitgeber besteht ein Betriebsrat. Zudem gibt es eine Arbeitsanweisung mit folgendem Titel: „Procedure zur Informationssicherheit am Arbeitsplatz und Clean Desk Policy“. In dieser Policy heißt es unter anderem:

„Es ist dafür Sorge zu tragen, dass schützenswerte oder geheime Informationen – egal ob in papierhafter Form oder auf dem Bildschirm – nicht durch Dritte eingesehen werden können. Wenn der Arbeitsplatz verlassen wird oder unbeaufsichtigt ist: Sind schützenswerte Akten, Datenträger oder Hardware mit Informationen ordnungsgemäß wegzuschließen oder ordnungsgemäß zu entsorgen. (…)“

Die Klägerin hatte bereits mehrfach gegen diese Richtlinie verstoßen. Hierfür hatte sie bereits mehrere Abmahnungen erhalten. Das beklagte Unternehmen wechselte im November 2020 den Betriebssitz, in dem zuletzt auch die Klägerin gearbeitet hatte. Da die Klägerin zu diesem Zeitpunkt arbeitsunfähig erkrankt war, gestattete sie dem Arbeitgeber im Beisein eines Betriebsratsmitglieds ihren Schreibtisch zu leeren. Dabei stellte das Unternehmen fest, dass zahlreiche sensible Unterlagen unverschlossen in Schreibtischschubladen lagen.

Das Unternehmen sprach – nach Betriebsratsanhörung – eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung aus. Hiergegen wehrte sich die Arbeitnehmerin (mit Unterstützung eines Rechtsanwalts) mit einer Klage vor dem Arbeitsgericht. Das Arbeitsgericht gab der Kündigungsschutzklage statt.

2. ENTSCHEIDUNG

Auf die Berufung des beklagten Unternehmens änderte das Landesarbeitsgericht das Urteil ab und wies die Kündigungsschutzklage ab.

Die Kündigung war nach Ansicht des Sächsischen Landesarbeitsgerichts aus verhaltensbedingten Gründen gerechtfertigt (vgl. § 1 Abs. 2 KSchG). Aufgrund der Abmahnungen sei von einer negativen Prognose auszugehen. Zudem fiele die Interessenabwägung zulasten der Klägerin aus.

Zusammen mit den abgemahnten Vorfällen handele es sich insgesamt um erhebliche Pflichtverletzungen der Arbeitnehmerin. Die Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, eine weitere Abmahnung auszusprechen. Die Pflichtverletzung bestand nach Ansicht des Gerichts eindeutig in der Nichtumsetzung der Arbeitsanweisung aus der Policy. Die klagende Arbeitnehmerin hatte trotz der daraus hervorgehenden ausdrücklichen Weisung sensible Unterlagen unverschlossen in ihrem Schreibtisch aufbewahrt.

Das Gericht betonte zudem, dass es sich bei diesen Pflichten nicht um bloße Nebenpflichten handele. Die Erbringung der Arbeitsleistung im Rahmen des rechtmäßig ausgeübten Direktionsrechts- zu dem auch Arbeitsanweisungen zum Datenschutz gehören – sei Hauptleistungspflicht.

3. FAZIT 

Die Entscheidung macht einmal mehr deutlich: Datenschutzrechtliche Vorgaben sollten von beiden Parteien des Arbeitsverhältnisses ernst genommen werden. Drohen dem Arbeitgeber bei Verstößen erhebliche Bußgelder, kann es Arbeitnehmern den Arbeitsplatz kosten. Aber auch Betriebsräte sollten den Datenschutz nicht auf die leichte Schulter nehmen. Denn auch ihnen kann im schlimmsten Fall eine persönliche Haftung drohen.

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